6. Begriffe in der Dichtungstechnik
Bild 6.16 Umformend (a) und spangebend (b) gefertige Oberfläche
Dabei werden, wie Bild 6.16 erkennen läßt, die von der Vorbear-
beitung eventuell vorhandenen Profilspitzen eingeebnet, wobei
es keine für die Dichtung besonders schädlichen Ausreißer nach
oben mehr gibt. Dafür bilden die zurückbleibenden Profilvertie-
fungen Schmiertaschen, die die Schmierverhältnisse im Dicht-
spalt verbessern.
Bei der praktischen Anwendung aller dieser Werte muß sicher-
gestellt sein, dass die auf einer sehr kleinen Länge gemessenen
Rauheitswerte auch für die gesamte Fläche gelten. Darüber hi-
naus müssen – zumindest für Oberflächenvergleiche – die Be-
zugslängen angegeben werden, da sich sonst unterschiedliche
Profilhöhen ergeben.
6.16 Reibung und Verschleiß
O-Ringe liegen durch die Rückfederung aufgrund der diametra-
len Verpressung – zusätzlich überlagert durch den Systemdruck
– an den abzudichtenden Flächen an. Werden diese relativ zu-
einander bewegt, entsteht eine Reibung, die zwei Folgen hat:
einmal verursacht sie Verschleiß und zum anderen verringert die
zu ihrer Überwindung erforderliche Kraft die Nutzkraft eines Zy-
linders.
6.16.1 Reibung
Bei bewegten Teilen muß man zwischen der Haftreibung, die bei
Beginn der Bewegung zu überwinden ist, und der Gleitreibung
während der Bewegung unterscheiden. Das Problem der Haft-
reibung wirkt sich besonders bei oszillierender Bewegung wie z.
B. in Zylindern aus.
Die Gleitreibung von Dichtungen hängt von einer Vielzahl von
Faktoren ab, deren zahlenmäßige Erfassung im einzelnen prak-
tisch unmöglich ist, zumal die wenigsten exakt reproduzierbar
sind. Das ist auch der Grund, weshalb es schwer ist, für einzelne
Produkte Angaben über die zu erwartende Reibung zu machen.
Die wichtigsten dieser Faktoren sind:
Bezogen auf die Dichtung:
Form der Dichtung einschließlich Fertigungstoleranz und
damit die Vorspannung,
Härte und Oberflächenstruktur des Werkstoffs,
Reibwert des trockenen und des geschmierten Werkstoffs,
Quell und Temperaturverhalten.
Bezogen auf die Druckflüssigkeit:
Schmierfilmbildung und Schmiermittelverteilung,
Höhe und Temperaturabhängigkeit der Viskosität.
Bezogen auf die Arbeitsbedingungen:
Betriebsdruck,
Gleitgeschwindigkeit,
Werkstoffart und Oberflächengüte der abzudichtenden
Metallflächen,
Bearbeitungstoleranzen,
seitliche Kräfte und Führung am Kolben.
Die meisten dieser Faktoren wirken nicht nur für sich allein, son-
dern sie kumulieren ihre Wirkung durch die Überlagerung mit
anderen Einflüssen.
Bei der Bewegung einer Dichtfläche durchläuft die Dichtung zwei
Reibungszustände: Zu Beginn der Bewegung aus der Ruhe be-
steht meist Grenzreibung (überwiegende Festkörperreibung
mit nur wenig Schmierfeidern, µ ca. 0,3). Dann folgt ein brei-
ter Bereich der Mischreibung, in dem der Reibbeiwert µ um so
mehr sinkt, je geringer die Zahl der direkten Berührungsflächen
der beiden Körper wird (Bild 6.17). Hier kann µ bis auf Werte
von 0,06 bis 0,08 abfallen. Den Bereich der reinen hydrodyna-
mischen Reibung kann man mit Dichtungen nur selten erreichen.
Hier nehmen auch die Leckverluste wegen des durchgehenden
Schmierfilms stark zu.
Bild 6.17 Stribeck-Kurve
Dichten gegen Flüssigkeiten
Der Werkstoff beeinflußt die Reibung über seine Gleiteigen-
schaften, die sehr unterschiedlich sein können, und über seine
Härte, die sich auf die Verformung unter Druck auswirkt. Dabei
kann die Reibung bei zunehmendem Druck proportional dem
Quadrat der mittleren spezifischen Pressung ansteigen.
Der Betriebsdruck bestimmt die Größe des Spaltes unter der
Dichtung und damit die Schmierfilmdicke. Er wirkt sich daher
je nach Dichtungsform unterschiedlich aus. So steigt die Rei-
bung bei O-Ringen verhältnismäßig mit zunehmendem Druck,
während sie bei Lippendichtungen durch den radial auf sie
wirkenden Druck steiler ansteigt. Bei dieser Dichtungsform kön-
nen auch Detalls in der Formgebung schon beträchtliche Unter-
schiede in der Reibung verursachen.
Da jedoch die Reibung nur zu einem Teil von der Höhe des Ar-
beitsdrucks abhängt, ist es vor allem bei niedrigem Druck wich-
tig, sie so klein wie möglich zu halten.
Dies gelingt jedoch nur in beschränktem Maße, da mit der Ver-
ringerung der Anpreßkraft automatisch eine Vergrößerung der
Leckage verbunden ist. Zwar läßt sich diese Abhängigkeit in ge-
wissen Grenzen durch die Formgebung der Dichtungen beein-
flussen, doch muß man sich oft zwischen geringer Reibung und
hoher Dichtheit entscheiden.
Dazu kann eine unzulängliche Formbeständigkeit kommen, die
vom Quellverhalten im Druckmedium abhängt.
Eine ausreichende Schmierung, die natürlich auch bei diesem
Reibungsproblem wichtig ist, scheint bei Mineralöl als Druck-
flüssigkeit sichergestellt zu sein. Dabei spielt aber nicht nur die
Zähigkeit des Mediums, sondern wiederum auch die Form der
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