Messverfahren und Kennlinien
6.2.4
Grundlage
Das Messverfahren beruht auf der Knotenpunktregel von Kirchhoff. Diese besagt, dass die Summe aller in
einen abgeschlossenen Bereich einfließenden Ströme 0 ist, wenn das Vorzeichen berücksichtigt wird. Dieses
Naturgesetz gilt für Wechselströme zu jedem Zeitpunkt. Die Summe der Ströme aller an einer Sammelschiene
liegenden Abzweige muss also jederzeit 0 sein.
[dwssnabz-300712-01.tif, 1, de_DE]
Bild 6-5
Im fehlerfreien Zustand gilt für die Ströme I
chung.
I
+ I
+ I
... I
= 0
1
2
3
n
Voraussetzung ist eine einheitliche Orientierung der Ströme. Die zur Sammelschiene fließenden Ströme sind
z.B. positiv, die wegfließenden Ströme negativ.
Wenn diese Gleichung nicht erfüllt ist, so muss über einen unzulässigen Weg Strom fließen. Es liegt ein Fehler
vor.
Diese Gesetzmäßigkeit bildet die Grundlage für den Sammelschienen-Differentialschutz. Die Summe der
Ströme kennzeichnet als einzige Größe den fehlerhaften Zustand. Diese Größe kann zu jeder Zeit gebildet
werden. Die Stromsumme bleibt unverändert 0, so lange kein Fehler vorliegt.
Die vorstehenden Betrachtungen gelten für die primärseitigen Vorgänge in der Hochspannungsanlage. Für die
Messung im Sammelschienenschutz können die in der Hochspannungsanlage fließenden Ströme nicht unmit-
telbar herangezogen werden. Die Schutzeinrichtungen werden über Stromwandler angeschlossen. Die Strom-
wandler verkleinern die Ströme maßstabsgetreu entsprechend dem Übersetzungsverhältnis der Strom-
wandler. Die Vektorlage der Ströme bleibt erhalten.
Der Einbauort der Stromwandler legt die Bereichsgrenze für den Sammelschienenschutz fest. Aus der proporti-
onalen Umsetzung der Primärströme (I
folgende Gleichung:
I
· w
+ I
1 sek
1
2 sek
i
, i
... i
1 sek
2 sek
n sek
w
, w
, w
... w
1
2
3
Auf Sammelschienenebene müssen die Ströme aus allen Feldern auf ein einheitliches Wandlerübersetzungs-
verhältnis bezogen sein. Deshalb wird in der Anlagenprojektierung eine Stromnormierung für die einzelnen
Felder durchgeführt. Der Normierungsfaktor errechnet sich aus dem Verhältnis I
I
der einheitliche Normierungsstrom für die gesamte Anlage.
nennObj.
Ein so ausgeführter Sammelschienenschutz erfasst jeden Kurzschluss innerhalb des Schutzbereichs. Überset-
zungsfehler der Wandler können zu einer unerwünschten Abschaltung führen, z.B. bei einem Nahkurzschluss
auf einem Abzweig. Dabei teilt sich der in den Kurzschluss abfließende Strom auf der Einspeiseseite auf
mehrere Felder auf. Die Wandler in den einspeisenden Feldern haben jeweils nur einen Bruchteil des Kurz-
schlussstromes zu übersetzen. Der Wandlersatz im fehlerhaften Abzweig führt den Kurzschlussstrom primär-
seitig in voller Größe. Bei sehr hohem Kurzschlussstrom kann dieser Wandlersatz infolge von Sättigung
sekundär nur einen Bruchteil des Sollwerts abgeben. Die übrigen Stromwandler übersetzen infolge der Strom-
aufteilung korrekt. Obwohl auf der Primärseite die Summe der Ströme 0 ist, ist in einem solchen Fall die
Summe der sekundärseitigen Ströme nicht 0.
SIPROTEC 5, Sammelschienenschutz 7SS85, Handbuch
C53000-G5000-C019-7, Ausgabe 11.2017
Sammelschiene mit n Abzweigen
) in Sekundärströme (I
prim
· w
+ I
· w
..... + i
· w
2
3 sek
3
nsek
Sekundärströme
Übersetzungsverhältnisse der Stromwandler
n
, I
, I
bis I
in den Abzweigen der Sammelschiene folgende Glei-
1
2
3
n
) ergibt sich für den fehlerfreien Zustand
sek
= 0
n
Schutzfunktionen
6.2 Sammelschienen-Differentialschutz
/I
. Dabei ist
nenn(Abzweig)
nennObj
235