Rasterkraftmikroskop
8.3
Wechselwirkung zwischen Probenoberfläche und Spitze
Für die Funktion des Rasterkraftmikroskops ist die Wechselwirkung zwischen der
Probenoberfläche und der Spitze des Cantilevers ausschlaggebend. Diese setzt sich aus
einer Vielzahl an Kräften zusammen und wird aufgrund ihrer Wirkung in Abhängigkeit vom
Abstand Spitze-Oberfläche unterteilt. Zu den kurzreichweitigen Kräften zählen solche, die
ausschließlich auf einer Entfernung von unter 1
zwischen 1
und 100
unter anderem die Van-der-Waals-, die elektrostatischen und die Kapillarkräfte.
Für die Art der auftretenden Wechselwirkung sind verschiedene Faktoren verantwortlich,
darunter fallen der Abstand zwischen Probenoberfläche und Cantileverspitze, die
umgebende Atmosphäre (Vakuum, Luft, Flüssigkeiten) und das verwendete Material der
Probe sowie der Cantileverspitze.
8.3.1
Elektrostatische Kräfte
Laden sich bei der Messung die Cantileverspitze und die Probenoberfläche elektrostatisch
auf, so kann es zu erheblichen Störungen der Messung kommen. Diese können unter
Umständen sogar so stark sein, dass eine Durchführung der Messung unmöglich wird. Die
dabei wirkende Kraft ist die Coulomb-Kraft.
8.3.2
Kapillarkräfte
Findet die Messung bei normalen Umgebungsbedingungen in Luft statt, befindet sich auf
Festkörpern ein permanenter dünner Wasserfilm. Dieser entsteht durch die Kondensation
der Luftfeuchtigkeit auf der Probenoberfläche und bewirkt eine zusätzliche Kraft: die
Kapillarkraft. Nähert sich die Spitze der Probenoberfläche an, so tritt sie zuerst in Kontakt
mit dem Wasserfilm, bevor sie die Probe berührt. Es bildet sich ein Wassermeniskus um
die Spitze aus, welcher die Ursache für eine attraktive Kraft ist. Die Kapillarkräfte können
sich je nach Messbedingungen und Beschaffenheit des Probenmaterials unterschiedlich
stark auf die Messung der Topografie und vor allem auf die Kraft-Abstands-Messungen
auswirken.
8.3.3
Van-der-Waals-Kräfte
Eine weitere Wechselwirkung, die zwischen Cantileverspitze und Probenoberfläche
auftritt, wenn diese nur noch einige Nanometer voneinander entfernt sind, wird durch die
Van-der-Waals-Kräfte beschrieben. Diese zählen zu den attraktiven Kräften und werden
je nach Natur ihrer auftretenden Wechselwirkung in drei Arten unterteilt:
Dipol-Dipol-Wechselwirkung (Keesom Kraft)
Dipolinduzierte Wechselwirkung (Debye Kraft)
Dispersionswechselwirkung (London Kraft)
Während die ersten beiden Wechselwirkungen nur bei polaren Molekülen auftreten, wirkt
die Londonsche Dispersionskraft auch zwischen neutralen Atomen und ist somit immer
vorhanden. Sie lässt sich mit Hilfe von Ladungsfluktuationen erklären. Befinden sich zwei
Rev C, 16. October 2018
liegt, bezeichnet man als langreichweitig. Zu diesen zählen
wirken. Die Kräfte, deren Reichweite
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