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Müller & Sattler Mecanica M5 Bauanleitung Seite 38

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Technik und Funktionsweise
der Mechanica M 5
Reibung auszugleichen, muss die Unruh – wie später noch erklärt wird –
angetrieben werden.
Abraham-Louis Breguet entwickelte 1795 auf empirischem Weg die nach
ihm benannte Brequet*-Spirale mit aufgebogener und nach innen gekrümmter
Endkurve*, die später von Edouard
die asymetrische Verformung bei der herkömmlichen Flachspirale entstehen
dadurch an den Kontaktstellen der Lager mit den Zapfen zusätzliche
(Reibungs-)Kräfte, die das Schwingsystem stören – also anisochron beein-
flussen. Die Phillips-Kurve hingegen bewirkt ein symmetrisches (konzentri-
sches) und dadurch gleichmäßiges »Atmen« der Spirale, benötigt aber auch
mehr Bauhöhe als eine einfache Flachspirale.
Die Ganggenauigkeit war immer sehr stark von Temperaturänderungen
abhängig. Metalllegierungen dehnen sich in der Regel bei Erwärmung aus,
dabei nimmt der innere Widerstand ab, das Material wird weicher und die
Spirale verliert an Elastizität (Spannkraft). Dieses Phänomen äußert sich in
einer Frequenzänderung des Schwingorgans (Gangreglers), da die
durch ihre Ausdehnung an Trägheit zunimmt und die Spirale weicher (weni-
ger elastisch) wird: der
Isochronismus*
die Spiralfeder eine große Abhängigkeit von der Umgebungstemperatur.
Der in Frankreich lebende Schweizer Physiker und spätere Nobelpreisträger
Charles-Edouard
Guillaume*
einem besonders kleinen Wärmeausdehnungskoeffizienten und zunehmen-
der Elastizität bei steigenden Temperaturen, der er den Namen
(invariabel: unveränderlich) gab. Als trügerisch erwiesen sich bei Invar
allerdings die hohen inneren Spannungen der Metallgitterstruktur. Nur durch
aufwändiges
Tempern*
(Wärmebehandlung) kann das gewünschte
konstante Temperaturverhalten erreicht werden. Invar-Legierungen werden
überall dort eingesetzt, wo höchster Wert auf stabile Materialeigenschaften
bei Temperaturschwankungen gelegt wird. Invar ist heute noch das
Ausgangsmaterial für die meisten Unruh-Spiralen und Pendelstäbe in
Präzisionsuhren.
1931 entwickelte der Schweizer Dr. Reinhard
zu einer aus sieben Elementen bestehenden, bruchfesten, selbstkompensie-
renden, rostfreien und antimagnetischen Legierung. Diese Legierung
erfordert aber auch noch eine spezielle
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Phillips*
exakt berechnet wurde. Durch
Unruh*
geht verloren. Damit ergibt sich für
erfand 1896 eine Eisen-Nickel-Legierung mit
INVAR*
Straumann*
das INVAR weiter
Kaltverformung, anschließend wiederum eine aufwändige Wärmebehand-
lung und wurde unter dem bekannten Namen NIVAROX
oxydfest) zum Patent angemeldet. Aus diesem Material besteht die
Spiralfeder Ihrer Mechanica M5!
Als weiteres Material für die Herstellung von monometallischen Unruh-,
Spiralfeder- und Hemmungsteilen hat sich neben Invar aber auch
GLUCYDUR*
bewährt. Der Name setzt sich aus den französischen Wörtern
Glucinium für Beryllium und dur (französisch: hart) zusammen. Glucydur ist
eine sehr harte Legierung aus Kupfer und 2-3% Beryllium, nicht magnetisch,
nicht oxidierend und hat eine sehr geringe Wärmeausdehnung. Diese
Legierung wird auch Berylliumkupfer genannt, häufig für hoch belastete
Federn und wegen der ebenfalls exzellenten elektrischen Leitfähigkeit als
Kontaktmaterial in Relais und für Eisenbahnen (Stromabnehmer) eingesetzt.
Entscheidender Nachteil ist, dass das Legierungselement Beryllium sehr
giftig ist. Bei der Bearbeitung von Berylliumkupfer ist daher besondere
Vorsicht geboten!
Die Herstellung von hochwertigen Spiralen beginnt mit der exakten Zusam-
menstellung aller Reinstmaterialien für das Schmelzgemisch. Dieses wird
dann im Vakuum zu einem rohen Gussblock von etwa 20 cm Durchmesser
und 80 kg Gewicht gegossen aus dem dann in zahlreichen Arbeitsschritten
durch Strangpressen, Warm- und Kaltwalzen sowie zuletzt auf Maschinen
mit Diamantziehsteinen ein hochpräziser Draht mit einem Durchmesser von
lediglich 0,075 mm – dünner als ein menschliches Haar – entsteht. Dieser
runde Präzisionsdraht wird dann in klimatisierten Räumen durch Hartmetall-
walzen mit der unglaublichen Genauigkeit von 0,1 Tausendstel Millimeter
(1/10 Mikron) zu dem flachen Band fürdie Spiralfedern ausgewalzt.
Das fertig gewalzte Band von einigen Zehntelmillimeter Breite und einigen
Hundertstelmillimeter Dicke wird auf Länge geschnitten und auf einem Dorn
aufgerollt und anschließend im Vakuum oder unter Schutzgasatmosphäre
bei Temperaturen von etwa 700 °C einer Wärmebehandlung unterzogen.
Durch diese wird erreicht, dass die Federn die gewünschte Spiralform
annehmen und gleichzeitig durch einen Ausscheidungsvorgang in der
Legierung die erforderliche Härte und Elastizität (thermoelastischer
Koeffizient) erhalten. Die Qualität von Spiralfedern wird nach dem Tempe-
raturkoeffizienten, also der Abhängigkeit der Federkraft von der Temperatur,
beurteilt.
*
(nicht variabel und
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